Die größte Segeljacht der Welt, Jeff Bezos’ “Koru”, ist auf der Karte verschwunden. Aber nicht, weil sie versunken ist, sondern weil der Schiffseigner es offenbar leid ist, von Tracking-Webseiten verfolgt zu werden. So richtig geheim sind die Aufenthaltsorte des Schiffes aber trotzdem nicht.
Pünktlich zum Frühsommer dieses Jahres konnte der Amazon-Gründer Jeff Bezos seine neue Mega-Jacht “Koru” endlich in Empfang nehmen. Bis dahin sorgte das riesige Schiff bereits seit Monaten für Aufsehen, denn der Bau in Rotterdam brachte eine Handvoll Probleme mit sich, mit denen sich sogar der Bürgermeister beschäftigen musste. Zu Skandalen oder Pannen kam es aber nicht – und so konnte Bezos den ersten Sommer auf seinem neuen Drei-Master-Schooner verbringen.
Abschalten eigentlich untersagt
Vermutlich war die “Koru” wochenlang immer wieder das beliebteste Schiff auf Tracking-Webseiten wie “Marinetraffic”. Denn derart große Schiffe sind über ihre IMO-Nummer (International Maritime Organization) eigentlich jederzeit auffindbar. Dazu müssen sie ab einer gewissen Größe ihren Standort über das sogenannte “automatische Identifikationssystem” (“AIS”) senden.
Laut Konvention der internationalen Seeschifffahrts-Organisation ist es für (Fracht-)Schiffe mit einer Bruttoraumzahl (BRZ) über 300 gar verboten, es abzuschalten – die “Koru” hat eine Bruttoraumzahl von rund 3500. Es gibt natürlich Ausnahmen: Fährt man etwa durch Gewässer, in denen mit Angriffen von Piraten zu rechnen ist, ist es üblich, die eigene Position nicht zu senden.
Amazon-Gründer
Jeff Bezos und sein Schiff: Mega-Jacht “Koru” ist endlich fertig – und tritt ihre erste Reise an
Da sich Bezos bisher vorwiegend im Mittelmeerraum aufhielt, kommt dieser Grund wohl nicht in Frage. Trotzdem sendet die “Koru” seit Mitte Juli kein Signal mehr, wie der Jachtenblog “Esysman” bemerkt hat. Selbst das Schattenschiff der “Koru”, die “Abeona” verrät seit Anfang September nicht mehr, wo sie ist.
Im Fall der 75 Meter langen Begleitung, auf der Bezos Zubehör für seine Reisen und zusätzliches Personal auslagern kann (hier erfahren Sie mehr), ist das Abschalten aber erlaubt – denn die “Abeona” liegt seit Anfang September in La Ciotat in der Werft, wo Arbeiten am Schiff ausgeführt werden. Das sei “unüblich” heißt es, aber nicht verboten.
Dass Bezos mit der “Koru” in der Zeit, in der sie keine Position mehr sendete, unterwegs war, ist mit Bildern und Sichtungen eindeutig belegt. Bezos hielt sich mit seiner Jacht unter anderem in Kroatien, Spanien und Italien auf. Laut “Esysman” befindet sich die “Koru” aktuell auch in La Ciotat, wo sie offenbar auf die Fertigstellung der “Abeona” wartet – Arbeiten am Segelschiff finden offenbar derzeit nicht statt.
Die Webseite “Riviera” schreibt, dass Schiffsbetreibern Bußgelder und Sanktionen für das Abschalten der Systeme drohen können – sofern sich eine offizielle Stelle überhaupt darüber beklagt. Das “AIS” dient nämlich nicht nur als Ortungshilfe, sondern soll auch Kollisionen verhindern.
Zuletzt geriet das Abschalten der Ortungssysteme in die Medien, als Mitte 2022 zahlreiche russische Oligarchen den Schalter ihrer Schiffe umlegen ließen. Rund zehn Jachten von sanktionierten Personen wie Andrei Melnitschenko und Wiktor Raschnikow verschwanden kurz nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine von der Karte – und meldeten seither keine Position mehr (hier erfahren Sie mehr).
Jeff Bezos muss mit Strafen rechnen
Jeff Bezos muss, anders als die Russen, keine Sanktionen fürchten, wenn er in europäischen Häfen festmacht. Ihm geht es wohl um seine Privatsphäre. Immer mehr Milliardäre stören sich an der “Verfolgung” ihrer Reisen über Tracking-Webseiten. Der reichste Mann der Welt, der französische Geschäftsmann Bernard Arnault, verkauft deshalb sogar seinen Privatjet und stieg auf Miet-Jets um, damit man ihm nicht mehr so leicht folgen kann. Im Falle der “Koru” ist aber so, dass der Aufenthaltsort nur auf offener See überhaupt ein Geheimnis bleiben kann. Legt Bezos irgendwo an, sind die Smartphones Schaulustiger schnell gezückt.
Ob das Abschalten der Systeme von “Koru” und “Abeona” für Bezos spürbare Folgen hat, wird sich zeigen. Kleinere Strafen dürften in den Gesamtkosten des Schiffes untergehen. Der Blog “Superyachtfan” schätzt die jährlichen Betriebskosten der “Koru” auf bis zu 25 Millionen US-Dollar. Für die “Abeona” kommen offenbar nochmal bis zu zehn Millionen US-Dollar obendrauf.
Quellen: Superyachtfan, Riviera, Esysman
Quelle: Stern