Vor dem Wochenende hätte niemand damit gerechnet, dass Sam Altman seinen Job als OpenAI-CEO verlieren könnte – was folgte, war ein heilloses Durcheinander. Zwischenzeitlich hieß es, Altman kehre sogar zurück. Doch es kam anders.
Am Sonntag schien es, als sei das gigantische Chaos, was bei ChatGPT-Entwickler OpenAI durch die Absetzung von Ex-CEO Sam Altman ausbrach, nur von kurzer Dauer: Mit einem Gästeausweis in der Hand meldete sich das unumstrittene Gesicht des Unternehmens bei X, vormals Twitter, und fand sich offenbar zu Verhandlungen bei seinem ehemaligen Arbeitgeber ein. Selbstbewusst schrieb er: “Das erste und letzte Mal, dass ich so ein Teil trage” – gemeint war der anonyme Gästepass für den Zutritt zu den Büros von OpenAI.
Altman spielte dabei auf die Gerüchte an, dass das Unternehmen, welches ihn nur wenige Stunden zuvor auf die Straße gesetzt hatte, an seiner Rückkehr interessiert ist. Altman hatte durchaus viel Unterstützung auf seiner Seite – es heißt, Großinvestor Microsoft sei vollkommen geschockt gewesen, dass Altman seinen Posten verlor (hier erfahren Sie mehr).
OpenAI setzt externen CEO ein – Altman bleibt draußen
Doch wie “The Information” berichtet, kehrt Altman nun doch nicht zurück. Trotz stundenlanger Verhandlungen entschied sich der Verwaltungsrat gegen ihn. Den Chefposten gaben sie einem externen Kandidaten, mit dem bisher niemand gerechnet hat. Neuer OpenAI-Chef soll der ehemalige Chef des Streaming-Dienstes Twitch, Emmett Shear, werden.
Damit endet auch für Mira Murati die Zeit als Interim-CEO des Unternehmens – nach exakt zwei Tagen. Murati zeigte sich nach Übernahme des Postens als Unterstützerin von Altman, was dem Verwaltungsrat nicht gepasst haben dürfte. Die vier mächtigsten Personen am Steuer des Unternehmens bleiben bei ihrem Kurs, OpenAI und Altman trennen zu wollen. Ursprünglich hatte man ihm Verhaltensfehler und intransparente Kommunikation vorgeworfen.
Altman wird damit zum Opfer seiner eigenen Struktur, denn er hatte sein Unternehmen bei der Gründung so aufgestellt, dass der Verwaltungsrat mit entsprechend viel Macht ausgestattet wurde. Wie “Wired” berichtet, sollte das eigentlich der Sicherheit dienen – denn wer drin war, durfte nur eingeschränkt investieren. Das sollte verhindern, dass sie ihren “Auftrag zur sicheren Entwicklung von künstlicher allgemeiner Intelligenz zum Nutzen der gesamten Menschheit” aus den Augen verlieren.
Es wird vermutet, dass es auch deshalb zu der Absetzung Altmans gekommen sein könnte. “Wired” zitiert eine Quelle aus Unternehmenskreisen, die sich offenbar überrascht zeigte, dass der Verwaltungsrat “aus Aktivisten” zu bestehen scheint. Altman soll zunehmend bemüht gewesen sein, mit Produkten wie ChatGPT Geld verdienen zu wollen – das wäre ein Bruch mit den Anfängen des Unternehmens, das einst als idealistische Stiftung gestartet war.
Sam Altman wechselt zu Microsoft
Kurz nach Bekanntwerden des anscheinend endgültigen Wechsels an der Spitze von OpenAI wurde auch publik, wie es für Altman weitergeht. Während Altman selbst auf X nur schreibt: “Die Mission geht weiter”, meldete sich Microsoft-Chef Satya Nadella mit etwas ausführlicheren Informationen zu Wort.
Nadella schreibt: “Wir bleiben unserer Partnerschaft mit OpenAI verpflichtet und haben Vertrauen in unsere Produkt-Roadmap. […] Wir freuen uns darauf, Emmett Shear und das neue Führungsteam von OpenAI kennenzulernen und mit ihnen zusammenzuarbeiten.”
Spannender ist allerdings, was dann folgt – denn offenbar haben Altman und Nadella am Wochenende viel miteinander gesprochen. Der Microsoft-Chef fügt an: “Und wir freuen uns sehr über die Nachricht, dass Sam Altman und Greg Brockman zusammen mit Kollegen zu Microsoft kommen werden, um ein neues Advanced AI Research Team zu leiten. Wir freuen uns darauf, sie schnell mit den für ihren Erfolg erforderlichen Ressourcen auszustatten.”
Für Microsoft sieht das nach einem großen Gewinn aus. Denn es gelang nicht nur, die geplanten Produkte mit OpenAI zu sichern, sondern auch den ehemals wichtigsten Mann samt einem sehr loyalen Team an Bord zu holen. Damit sichert sich Microsoft direkten Einfluss auf deren Arbeit, was als Investor bei OpenAI zwar eingeschränkt möglich, aber nicht in diesem Umfang der Fall war. Auch der ehemalige OpenAI-Vorsitzende Greg Brockman geht zu Microsoft.
Die Microsoft-Aktie, welche durch die Absetzung von Altman bei OpenAI zunächst spürbar nachließ, befindet sich aufgrund der Nachrichten offenbar schon wieder auf Erholungskurs.
Wie es für OpenAI weitergeht, bleibt abzuwarten. Mit dem Weggang von Altman verlor das Unternehmen binnen kürzester Zeit eine ganze Reihe sehr wichtiger und renommierter Kräfte, da sie ohne lange Bedenkzeit entschieden, ihr Amt niederzulegen und Altman zu folgen.
Hinzu kommt, dass der neue CEO Emmett Shear laut “The Verge” keinerlei Erfahrungen in der Szene zu haben scheint und die Wahl des OpenAI-Verwaltungsrats daher “eine Überraschung” sei.
Quellen: X (Twitter), The Information, Wired, X (Twitter) [2], X (Twitter) [3], Verge
Quelle: Stern