Ökonomen sind sich bei Lohn-Preis-Spirale uneins
Ökonomen sind sich in der Frage nach einer drohenden Lohn-Preis-Spirale uneins. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), sagte im Gespräch mit t-online: “Aktuell sehe ich noch keine Anzeichen für eine Preis-Lohn-Spirale.” Die bisherigen Lohnabschlüsse seien absolut im Rahmen.
“Es bleibt abzuwarten, wie hoch die Abschlüsse im Herbst tatsächlich sein werden. Es ist aber ganz normal, dass Gewerkschaften nicht vollständig das bekommen, was sie zunächst fordern”, so Dullien weiter.
Sein Kollege Michael Hüther geht indes weiter. Er sehe zwar “aktuell noch keine Lohn-Preis-Spirale”. “Das Risiko dafür steigt jedoch, sobald die Lohnstückkosten spürbar und in der Breite steigen – was mit deutlichen Lohnerhöhungen der Fall wäre”, sagte er t-online.
Klar sei: “Wir können den Wohlstandsverlust durch eine importierte Inflation, den wir mit den gestiegenen Verbraucherpreisen sehen, nicht wegbuchen”, so Hüther. “Er muss nach Leistungsfähigkeit getragen werden, also auch seitens der Arbeitnehmer.”
Bei Gaskrise drohen “zweistellige Inflationsraten”
Einig sind sich die Wissenschaftler darin, dass bei einem Gasstopp die Inflation nochmals drastisch anziehen würde, die Situation eine andere wäre. “Dann würden wir zweistellige Inflationsraten sehen”, sagte Dullien.
Hüther meint: Bei einem Gasembargo wäre die Inflation “vermutlich nur ein zweitrangiges Problem, dann würden wir von einer drastisch steigenden Arbeitslosigkeit sprechen”, sagte er. Allerdings sei ein Gasstopp so etwas “wie der große Elefant im Raum: Ein Risiko, das es gibt, das sich aber nicht bewahrheiten muss”, so Hüther. “Ich glaube nicht, dass Putin uns den Gashahn abdrehen wird.”
Was soll die Konzertierte Aktion bringen?
Zunächst geht es darum, die Akteure an einen Tisch zu holen und mit ihnen über die aktuellen Herausforderungen zu sprechen. Das historische Vorbild für die Konzertierte Aktion stammt aus den 60er-Jahren. Damals hatten Gewerkschaften zugesagt, sich mit Lohnforderungen zurückzuhalten, im Gegenzug unterstützte der Staat die Wirtschaft.
Auch jetzt hat Scholz Gewerkschaften, Arbeitgeber, Bundesbank und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingeladen, um über die hohe Inflation zu sprechen.
IW-Direktor Michael Hüther sagt: “Eine konzertierte Aktion kann eine kluge Lösung sein, um die Tarifpartner auf einen einheitlichen Informationsstand zu bringen und das Verständnis über die jeweiligen Handlungsbedingungen schärfen: Denn Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen über die Lohnpolitik eine große Verantwortung in der aktuellen Situation. Das sollte allen klar werden.”
Quelle: t-online